Faktencheck zum Leserbrief
Zitat: "Die angesprochenen 100-jährigen Platanen verlieren bei jedem kleinen Sturm große
Zweige, die dann auf das Grundstück fallen." Faktencheck: In Bochum hatten wir in den
vergangenen Jahren unzählige kleine Stürme und relativ häufig starke Stürme. Die Platanen, um die es hier geht (Platanus
acerifolia), haben diesen Stürmen getrotzt, die meisten von ihnen sind kerngesund (Baumgutachten). Natürlich fielen bei großen
Stürmen auch mal Zweige herunter, nie jedoch bei "kleinen Stürmen... große Zweige", wie hier fabuliert wird.
Auch bei
dem Sturm Sabine, der mit Windstärke 12 und Geschwindigkeiten von rd. 120 km/h in den vergangenen Tagen über Bochum hinwegfegte, sind von den kerngesunden
Bäumen nur kleinere Zweige herabgefallen. Leserbrief: kleine Stürme - große Zweige. Realität: großer Sturm - kleine Zweige.
Fragen: Sollten wir in
Deutschland alle Bäume roden, weil bei einem Sturm Zweige auf ein Grundstück fallen könnten? Wieviel ist uns ein Baum wert, der älter als der älteste Mensch auf
der Erde ist,
der viele Generationen unserer Ahnen überlebt und
mehrere Kriege überstanden hat? Wieviel in Bochum Unterhordel? Wäre hier nicht eine
differenzierte Einzelentscheidung (Kappung / Fällung / Rettung eines Baumes) angebracht, unter Abwägung sozialer, ökologischer und
wirtschaftlicher Aspekte - statt weitestgehendem Kahlschlag?
Zitat: "Bei einer Bebauung würden diese Zweige auf die neu gebauten Häuser fallen."
Faktencheck: Die Bebauungsplanung wird selbstverständlich einen ausreichenden Abstand zu den
verbliebenen Bäumen vorsehen.
Zitat: "Durch die Bebauung der Fläche, z.B. durch die Unterkellerung der neuen Gebäude, werden
die Wurzeln der Bäume gefährdet." Faktencheck: Platanus acerifolia ist ein Tief- und kein
Flachwurzler. Bei der Baumaßnahme sind ausreichende Abstände zum Wurzelwerk einzuhalten und der Wurzelbereich der Bäume (mind.
Bodenoberfläche unter der Krone, sog. Kronentraufenbereich) ist vor Auswirkungen der Baumaßnahme zu sichern.
Zitat: "Natürlich ist es für eine einzelne Person schöner, wenn man von seinem Garten auf alte
Platanen anstatt auf neue Häuser schaut." Kommentar: Nicht nur die umliegenden, sondern auch
die neuen Bewohner haben bzw. hätten den Blick auf und die Nachbarschaft zu diesen erhabenen Bäumen. Siehe mein Text oben: "Es
geht hier keineswegs darum, das geplante Bauvorhaben zu verhindern. Selbstverständlich muss Familien aktuell mehr Wohnraum in
Bochum angeboten werden. Angesichts des von der Stadt geplanten Kahlschlages darf den neuen Bewohnern jedoch nicht die
Nachbarschaft zu diesen majestätischen Bäumen genommen werden, auch dies hat mit Lebensqualität am neuen Wohnort zu tun - und
selbstverständlich ebenso mit Klimaschutz und Lebensqualität der Bürger im gesamten Bochumer Stadtraum. Und selbstverständlich
gäbe es andere Planungsvarianten für dieses Gelände, die sowohl die sozialen wie auch die ökologischen Belange berücksichtigen
würden".
Zitat: "Aber für eigene Interessen den Bau von neuem Wohnraum verhindern?"
Kommentar: Wäre es tatsächlich so, dass bei jedem "kleinen Sturm... größere Zweige" auf das Grundstück
fallen würden, wäre ich doch benachteiligt, denn die Äste der Platanen ragen über die Grenzlinie in meinen Grundstücksbereich
hinein.
Die übergeordneten Interessen "Schutz der Bäume und Tiere" und "positive Wirkung auf Klima und Wohnqualität" stelle ich über mein
vermeintlich "eigenes Interesse".
Fazit: alternative Fakten
In tatsächlich eigener Sache: Die Veröffentlichung des letzten Satzes des Leserbriefes, in dem mir "eigene
Interessen" unterstellt werden, empfinde ich als unangemessen.
Bochum, 09.02.2020
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